Antike Rechengeräte

Text und Bilder: Robert und Micha Weiss

Die Geschichte der Rechenmaschinen

In der Literatur wird oft Blaise Pascal (1623 – 1662) als Erfinder der Rechenmaschine erwähnt, da die Pläne von Wilhelm Schickard erst in den 1950er-Jahren gefunden wurden. Er baute aber bereits 1642 für seinen Vater eine Rechenmaschine (Pascaline, Zwei-Spezies-Maschine, Total 20 Modelle) für Addition und Subtraktion (über die Komplementärmethode). Gottfried Wilhelm Leibniz baute dann 1673 seine Vier-Spezies-Rechenmaschine, welche mit dem Staffelwalzen-Prinzip funktionierte. Weitere Rechenmaschinen wurden 1709 vom Italiener Giovanni Poleni, 1729 von Antonius Braun, 1727 von Jacob Leupold, 1770 von Phillip Matthäus Hahn, 1782 von Johann Helfrich von Müller und 1810 von Abraham Stern jeweils als Unikate gebaut und sind als Prunkstücke in europäischen Museen zu bestaunen. Erst 1852 begann die serienmässige Produktion von Rechenmaschinen.


Die weltweit erste Rechenmaschine: Schickard 162, 1623

1623 skizzierte Wilhelm Schickard (1592 – 1635) in Tübingen (Deutschland) die erste Rechenmaschine und übermittelte die Zeichnung in einem Brief an seinen Freund, den bekannten Astronomen Johannes Kepler, welcher damals am Kaiserhof in Prag als kaiserlicher Mathematiker tätig war. Schickard wollte Kepler das Rechnen mit grossen Zahlen erleichtern.

Bei dieser Maschine handelt es sich um ein zweigeteiltes System, eine sog. 2x2-Spezies-Maschine.

Für die Multiplikation und Division nach dem Napier-Prinzip (pro Stelle sind die Zahlenreihen 1 bis 9 auf einem drehbaren Zylinder aufgetragen) stand der obere Teil mit den Schiebern bereit, was das Ablesen vereinfachte. Im unteren Teil liessen sich dann die Zahlen, welche oben abgelesen wurden, mittels Zählräder und Zehnerübertrag addieren.

Ob die Maschine je gebaut worden ist, ist unklar. Eine voll funktionsfähige Replika wurde 1960 gebaut.

Letztes Jahr (2023) konnte das 400-jährige Jubiläum der ersten Rechenmaschine gefeiert werden.


Die weltweit erste kaufbare Rechenmaschine: Thomas Arithmometer, 1852

Grundsächlich ist ein Arithmometer eine mechanische Rechenmaschine, auf die der Franzose Charles Xavier Thomas de Colmar (1785–1870) im Jahr 1820 ein Patent für das Staffelwalzen-Prinzip nach Vorbild der Leibniz-Maschine erhielt.

Dank konstruktiven Vereinfachungen und zuverlässiger Herstellung konnte der Arithmometer ab 1852 in die Serienproduktion gehen. Bis zu seinem Tod baute Thomas rund 800 dieser Vier-Spezies-Maschinen und sein Nachfolger konnte nochmals 700 verkaufen. Ab 1878 und bis 1914 wurden bei Louis Payen in Paris weitere Arithmometer produziert. Insgesamt waren es ca. 5000 Maschinen. Nach dem gleichen Prinzip und derselben Anordnung wurden Arithmometer auch in Deutschland (Burkhardt Sachsen ab 1878, Ideal Glashütten ab 1910) und in Österreich (Herzstark Wien ab 1910) produziert.

Die gezeigte Maschine führt die Bezeichnung: T1865 B, Exemplar 2182, gebaut 1885 von Louis Payen in Paris, Frankreich. Sie hat ein achtstelliges Eingabe- und Zählwerk und ein 16-stelliges Resultatwerk. Die Löschung erfolgt über die Anhebung des beweglichen Wagens.


Fuller Calculator, ein Rechner mit 12.7 Meter Skalenlänge, ab 1878

Die Rechenmaschine, die auch als zylindrischer Rechenschieber bezeichnet wird, besteht im Wesentlichen aus drei separaten hohlzylindrischen Teilen (Zylinder aus Pappmaché), die sich um eine gemeinsame Achse drehen und übereinander gleiten können, ohne dass sie zum Verrutschen neigen. Auf dem äusseren Zylinder (30 cm lang, Durchmesser 8.1 cm) ist die 500 Zoll (12.7 m) lange logarithmische Rechenskala spiralförmig mit 7250 Teilungen in 50 Umdrehungen angebracht. Diese gleitet drehbar auf einem inneren Zylinder, welcher mit einem Griff gehalten wird. Durch Verwendung der metallenen Läufer lassen sich die Einstellungen vornehmen und die Rechnungen ausführen. Dieser Fuller bietet eine Genauigkeit von 1 in 10’000 und blieb trotz seiner Grösse und seines Preises beinahe ein Jahrhundert lang auf dem Markt, da er fast alle anderen Rechenschieber übertraf.

Produktion: von 1878 bis in die 1950er-Jahre.

In Holzbox, mit Metallhalterung zur Schrägaufstellung.

Hersteller: W. F. Stanley & Co. Ltd., New Eltham, London, UK.


Rechenwalzen erlauben sehr hohe Ablesegenauigkeit

Rechenschieber hatten einen kleinen Nachteil, nämlich die Ablesegenauigkeit. Diese hängt von der Länge des Schiebers ab. So wurde der Rechenschieber oft nur für Überschlagsrechnungen genutzt. Höhere Ablesegenauigkeiten konnten mit Rechenwalzen oder aber mit einer Logarithmentabelle erzielt werden.
Der Deutsche Heinrich Daemen-Schmid produzierte in Zürich mit seiner Firma Daemen-Schmid schon ab 1889 Rechenwalzen, die ab 1903 auch als Loga bezeichnet wurden. Die Firma zog 1911 nach Uster um, wo sie unter dem Namen Loga Calculator AG fungierte.

Es wurden Rechenwalzen von 1.2 bis 24 m Skalenlänge bzw. 17.5 bis 68,5 cm Walzenlänge hergestellt.

  • Produktion: 1889 - 1903 in Zürich, 1903 - 1915 in Zürich-Oerlikon, 1915 - 1979 in Uster.

  • Preise 1932: 100 - 800 CHF; 1947: 100 - 740 CHF.

Ab 1910 auch Herstellung von Rechenschiebern und ab 1935 von Rechenscheiben.


Loga Rechenwalze 15 m, 1950

Walzenmasse: Länge 60 cm, Durchmesser 15.8 cm

Die Walze war mit 60 Skalen à je 50 cm Länge aufgebaut, was einer Gesamtlänge von 15 m und einer dreifach höheren Ablesegenauigkeit im Vergleich zu einem normalen Rechenschieber entspricht.

Hersteller: Daemen-Schmid, Zürich / Loga Calculator AG, Uster, Schweiz.

Nestler Rechenwalze 1.6 m, 1922

Walzenmasse: Länge 25.5 cm, Durchmesser 5.3 cm

Die Walze war mit 16 Skalen à je 20 cm Länge aufgebaut, was einer Gesamtlänge von 1.6 m und einer doppelten Ablesegenauigkeit im Vergleich zu einem normalen Rechenschieber entspricht.

Hersteller: Albert Nestler Zeichentechnik, Lahr, Deutschland (Produktion: 1922-1937).

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Logarithmus mit Schweizer Beteiligung